Krass.
Wir leben in einem Science-Fiction-Roman. Mit teilweise eher schlechten Dialogen und sehr unglaubwürdiger Story, doch abschalten ist unmöglich.
Ich habe erst vor wenigen Tagen angefangen, täglich ein paar Tagebuchsätze zu schreiben, dabei fiel mir auf, wie unfähig ich nach den vielen Jahren des öffentlichen Schreibens geworden bin, das “privat” zu tun. Wie ehrlich bin ich mit mir selbst mit wirklich privaten Gedanken? Ganz schön schwierig.
Natürlich nicht halb so schwierig wie alles andere derzeit.
Mir und unserer Familie geht es im Moment gesundheitlich gut. Wir haben zwar eine ganze Weile gebraucht, den gar nicht mehr so jugendlichen Jugendlichen die aktuelle Wichtigkeit von sozialer Distanz zu ihren Freund*innen zu vermitteln (von wegen “die Jungen hängen doch sowieso nur im Internet rum”), aber inzwischen ist es angekommen. Danke Merkel.
Glücklicherweise haben wir zuhause genug Platz, um uns halbwegs aus dem Weg zu gehen, aber hart wird das trotzdem in der kommenden Zeit. Und ich sorge mich um Familien und andere, die nun auf engstem Raum das Zusammenleben neu erlernen müssen, denn wir werden alle heftige Tage erleben, egal, wie gut wir uns verstehen. Und noch schlimmer, wenn wir uns nicht verstehen. Bitte passt also auch auf Nachbar*innen auf und auf Menschen, die jetzt alleine sind.
Und wer passt auf die flüchtenden Menschen auf, die in überfüllten Lagern sitzen? Wenn nicht einmal mehr über sie berichtet wird? Manchmal ist das alles zu viel, um es auch nur halbwegs zu verarbeiten. Manchmal empfehle ich daher, die News abzuschalten. Denn sie im Minutentakt zu konsumieren, hilft ja leider auch niemandem. Dennoch: Please
#LeaveNoOneBehind.
Immerhin muss jemand von uns ab und zu mit dem Hund raus, heute Morgen habe ich dabei (mit viel Abstand) einer eher jungen Frau zugehört, die direkt aus einer Facebook-Gruppe entsprungen schien. Es gibt nämlich gar kein Coronavirus, sondern die Regierung hat das alles eingefädelt, damit sich die Wirtschaft erholt (äh … wovon?), und damit WIR das alles bezahlen. Hat die gesagt. Draußen ist also auch nicht immer besser als im Internet.
Ich weiß in solchen Situationen oft gar nicht, was ich antworten soll, weil ich so erschüttert bin, dass es so etwas wirklich gibt außerhalb von Facebook. Meistens gehe ich dann einfach weg. Der Hund muss ja auch weiter.
Ansonsten bin ich aber im Moment im Großen und Ganzen eher froh übers Netz. Es gibt viel Solidarität und tolle Aktionen (siehe unten), viel wirklich witzigen Humor und jede Menge Ablenkung. Und manche von uns können dadurch sogar weiter arbeiten, auch wenn es oft schwerfällt, sich auf vergleichsweise banale Dinge zu konzentrieren.
Passt bitte gut auf euch und eure Liebsten auf. Nicht nur, aber auch mental. Es wird schnell zu viel alles, dann muss man sich aus dem Stream rausnehmen, sich etwas Gutes tun, Musik hören, Kochen, Essen, Trinken. Es hilft niemandem, wenn es euch schlecht geht.
Ich habe in dieser Sonderausgabe mit vorübergehend anderen Kategorien ein paar Links in Fließtexte gesetzt, stöbert mal rum, wenn ihr gerade nix besseres zu tun habt!
Danke, dass ihr das hier lest.
Johnny